Hey Boomer, willst Du (nicht) Frührentner werden?
Babyboomer-Bundeskanzler Olaf Scholz, Jahrgang 1958, möchte dass seine Altersgenossen möglichst erst mit 67 Jahren in Rente gehen. Das und anderes hat er der Funke-Mediengruppe und der französischen Zeitung Ouest-France gesagt.
Die wichtigsten Punkte:
- Olaf Scholz will, daß weniger Menschen vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen – und stellt fest: „Das fällt vielen heute schwer“
- Zugleich will er, daß mehr Frauen arbeiten. „Damit das hinhaut, müssen wir aber Ganztagsangebote in Krippen, Kitas und Schule ausbauen“.
- Ausserdem möchte Olaf Scholz „…bessere Startmöglichkeiten für junge Leute schaffen und in die berufliche Aus- und Weiterbildung investieren“.
- Und zuletzt: Einbürgerung in Deutschland soll erleichtert werden.
Unser Kommentar dazu:
Eigentliches Thema ist die Stabilisierung des Rentensystems. Alle vier Kanzler-Forderungen beziehen sich darauf. Alle vier Forderungen sind nicht wirklich neu. Interessant ist, dass Scholz drei der vier Forderungen mit konkreten Vorschlägen verknüpft – nur für das verstärkte Inanspruchnehmen der Regelaltersrente hat der Kanzler statt eines Vorschlags nur die Beobachtung, daß das vielen „schwer fällt“. Andererseits hat Olaf Scholz vor gerade einmal 14 Tagen durch sein Kabinett beschließen lassen, dass Frührentner ab 2023 unbegrenzt hinzuverdienen können. Das wird manchem den Ausstieg aus dem Arbeitsalltag leichter machen. Ein Widerspruch? Ja!
Die Frage an Olaf Scholz lautet also, warum erst das eine Beschließen, dann das andere wollen? Dazu braucht es Ursachenforschung: warum nehmen immer mehr Menschen Rentenkürzungen in Kauf, um früher in Rente zu gehen? Was tut die Politik in ihrem unmittelbaren Wirkungsbereich, bei Beamten, um diese zu längerem Arbeiten zu bewegen? Was kann Politik tun, um das gesellschaftlich Wünschenswerte Länger-im-Job-Bleiben für den Einzelnen attraktiv zu machen? Hier bleibt der Kanzler die Antwort schuldig.
Quellen:
Olaf Scholz will weniger Frührentner und mehr Frauen am Arbeitsmarkt
Olaf Scholz will Frührentnertrend stoppen: Die Arbeitswelt muss sich ändern, nicht der Babyboomer
Siebter Versorgungsbericht der Bundesregierung
Hoher Anteil der Beamtinnen und Beamten geht vorzeitig in den Ruhestand!
Wichtige Begriffe kurz erklärt
Regelaltersgrenze ist gleichbedeutend mit dem Anspruch auf Regelaltersrente. Voraussetzung sind fünf Jahre Mindestversicherungszeit und ein Mindestalter (Altersgrenze!). Diese Altersgrenze steigt seit 2012 stufenweise von 65 Jahre auf 67 Jahre. Die Politik hat wollte damit steigende Lebenserwartung und schrumpfende Arbeitnehmerzahl wegen des demographischen Wandels in Einklang bringen. Wer früher in Rente geht, muss Abschläge in Kauf nehmen, siehe Frührentner. Andererseits: wer nach der Regelaltersgrenze im Job bleibt erhält einen Zuschlag von dauerhaft 0,5 % auf seine Rente.
Geburtsjahr | Regelalters- grenze | Erreichen der Regelaltersgrenze |
1955 | 65 + 9 Monate | 10.2020 – 10.2021 |
1956 | 65 + 10 Monate | 11.2021 – 11.2022 |
1957 | 65 + 11 Monate | 12.2022 – 12.2023 |
1958 | 66 | 01.2024 – 01.2025 |
1959 | 66 + 2 Monate | 03.2025 – 03.2026 |
1960 | 66 + 4 Monate | 05.2026 – 05.2027 |
1961 | 66 + 6 Monate | 07.2027 – 07.2028 |
1962 | 66 + 8 Monate | 09.2028 – 09.2029 |
1963 | 66 + 10 Monate | 11.2029 – 11.2030 |
ab 1964 | 67 | ab 1. Januar 2031 |
Frührentner: interessanterweise gibt es zu diesem Begriff keinen Wikipedia-Eintrag. Gemeint ist aber in aller Regel ein Rentenantritt vor Erreichen der Regelaltersrente. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: teilweise oder volle Erwerbsminderung und freiwillig früheres Ausscheiden aus dem Arbeitsleben. Letzteres ist mit Abschlägen bei der Rentenhöhe verbunden. Allerdings gibt es seit Neuestem die Möglichkeit als Frührentner unbegrenzt hinzuzuverdienen.
Quellen:
Die reguläre Altersrente | Deutsche Rentenversicherung
FAQs | Zahlt sich aus: Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus | Deutsche Rentenversicherung