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Hey Boomer, wie wär´s mit einem Sabbatical? 

Sabbatical / Sabbatjahr / Gap Year. Was genau ist das? Kann ich überhaupt eins machen? Falls ja, was muss ich dafür tun? Und noch grundsätzlicher: was spricht überhaupt dafür? Und was dagegen? Wie viele Leute machen das eigentlich? Wo finde ich Erfahrungsberichte? Diese Fragen habe ich mir auch gestellt. Und dann ein Sabbatical gemacht. Hier meine Rechercheergebnisse und Erfahrungen.

1. Sabbatjahr, Sabbatical, Gap Year: was ist das?

2. (Meine) Gründe für ein Sabbatical

3. (meine) Vorbereitung

4. (Meine) Form(en) für ein Sabbattical

5. (Erste) Erfahrungen mit meinem Sabbatical

Quellen

7. Eure Erfahrungen / Fragen zu den Stichworten Sabbathjahr, Sabbatical?

1. Sabbatjahr / Sabbatical / Gap Year: was ist das?

Ein Gap Year überbrückt einen  Zeitraum. Das könnte man auch einfach eine „Auszeit“ nennen. Aber das klingt irgendwie altbacken. Meine Kinder haben jedenfalls die Lücke (engl. Gap) zwischen Schule und Uni mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr im Ausland gefüllt. Andere nehmen eine Auszeit zwischen Bachelor und Master. Oder nach dem Master. Oder…Im gängigen Sprachgebrauch ist Gap Year jedenfalls eher was für junge Leute.

Sabbatical ist gewissermaßen das Pendant zum Gap Year für reifere Semester. Ich z.B.  mache gerade mein erstes Sabbatjahr / Sabbatical. Die Begriffe Sabbatical und Sabbatjahr sind bedeutungsgleich. In meiner Wahrnehmung hat sich die anglisierte Version durchgesetzt. Ich werde ab jetzt deshalb nur noch über mein „Sabbatical“ schreiben. Dieses erste wird auch mein letztes und einziges Sabbatical bleiben. Denn ich will nächstes Jahr in Rente gehen. Und soviel sei vorweggenommen: ein Sabbatical vorzubereiten braucht ZeitJ, obwohl es schon eine Menge Vorerfahrungen gibt.

Sabbatical hat Tradition

„Und der Herr sprach zu Mose auf dem Berg Sinai: Rede mit den Kindern Israel und sag zu ihnen: Wenn Ihr in das Land kommt, das ich Euch geben werde, dann soll das Land dem Herrn einen Sabbat feiern, eine Ruhezeit. Sechs Jahre sollst Du Dein Feld besäen und sechs Jahre Deinen Weinberg beschneiden und die Früchte einsammeln. Aber im siebten Jahr soll das Land dem Herrn einen feierlichen Sabbat halten. Da sollst Du Dein Land nicht besäen und auch Deinen Weinberg nicht bearbeiten.“  (3. Mose 25, 1–4) 

Das klingt doch sehr nach Ressourcen schonen, nachhaltig anbauen, auf jeden Fall schon echt Öko, was da schon im Alten Testament präsentiert wird. Ein Sabbatical würde so gesehen dem Land-Boden gut tun. Was die Leute, die das Land bewirtschaftet haben zwischendurch tun sollen, hat Moses nicht gleich miterklärt. Die Juden haben die Idee in der gelebten Wirklichkeit auf einen Tag in der Woche verkürzt, den Schabat. Im westlichen Kulturkreis wurde der Begriff  Sabbatical erst in den 1980/90er Jahren in der englischsprachigen Akademiker-Welt eingeführt im Sinne von Freisemester.

Sabbatical als Arbeitszeitmodell

Inzwischen steht Sabbatical für ein Arbeitszeitmodell, das ausgedehnte Sonderurlaubszeiten ermöglicht. „Sonderurlaub“. Das klingt nach Seele baumeln und Körper verreisen lassen. Verlockend. ….Eine Studie meint ermittelt zu haben, daß 90 Prozent der deutschen Arbeitnehmer so was wollen. Andererseits: Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich das leisten können. Deshalb sind Sabbaticals überdurchschnittlich häufig bei Beamten, die sogar ein Anrecht darauf haben und bei großen Firmen. Ich wage aber mal die Prognose, es werden immer mehr Firmen anbieten. Die Generation Z weiß, was ein Sabbatical ist, bevor sie zu arbeiten beginnt.

2. (Meine) 10 Motive für ein Sabbatical

  • Ich liebe Veränderung. Es war mal wieder eine fällig. 
  • Ich habe in der Corona-Zeit gelernt: vieles geht auch anders.
  • Ich bin über 60 Jahre alt. Ich will wissen, was geht noch, Alter!?
  • Ich mag Grenzen. Sogar Altersgrenzen stimulieren meine Neugier
  • Ich wollte immer schon eine Auszeit nehmen. Und wann, wenn nicht jetzt?
  • Ich will möglichst viel Welt aus möglichst großer Nähe sehen.
  • Ich bin über 60 Jahre alt und dachte, ich übe mal Rente.
  • Ich war müde von Arbeit ohne Sinn
  • Ich wollte es mir leisten können.
  • Mein Arbeitgeber bietet Sabbatical an

Andere haben ähnliche und andere Gründe: Fortbildung, interkulturelle Erfahrung, gesundheitliche Prävention etc. etc. 

3. (Meine)Vorbereitung

Es gab eine Phase der unbewussten Vorbereitung. „Sabattical“ war erst ein Gefühl. Das Gefühl, das es so nicht weitergehen sollte. Ich war unzufrieden mit meiner Arbeit. Das wog um so schwerer, weil ich schon viele Arbeitsjahre und einige Arbeitsplätze hinter mir und  die Rente nicht mehr so weit vor mir habe. Nach dem Gefühl kam der Verstand und sagte: „es wird sowieso nicht mehr lange so weitergehen, weil Du ja älter als 60 Jahre bist und in nicht allzu langer Zeit in Rente gehen wirst!“ Sabbatical wurde mit der Zeit für mich gefühlt gleichbedeutend mit Chance und attraktivem Ziel. Und ich habe mir klar gemacht:

  • Sabbatical hat was mit Arbeit zu tun J. Entweder, Du hast zu viel davon oder zu wenig oder willst eine andere oder gleich eine andere Art zu leben.
  • Sabbatical hat was zu tun mit Nachdenken über „wie ist es?“ und „wie könnte es sein?“.
  • Sabbatical hat was zu tun mit geplanter und nicht zufällig erlebter Zukunft, mit Vorausplanen als Folge von Nachdenken

Es gibt kein Sabbatical ohne Vorbereitung. Es müssen aber nicht immer sechs Jahre sein, wie bei den biblischen Anfängen J. Bei mir gab es nach der „unbewussten Vorbereitung“ drei Phasen der konkreten Vorbereitung:

  1. Geht´s überhaupt? Dazu gehören die Fragen: macht der Arbeitgeber mit? Können und wollen wir als Familie uns das leisten?
  2. Was würde ich machen wollen, wenn´s denn möglich wäre? Dazu gehören die Fragen: gibt es ein Ziel für mein Sabbatical? Gibt es einen Ort, der passen würde? Wann und wie lange kann, darf, soll es denn dauern?
  3. Nachdem Ziel, Dauer und Ort feststanden, ging es in die konkrekte Planung.

Jeder einzelne der o.a. Punkte hat mich motiviert und hat mir inneren Antrieb gegeben, mich immer konkreter mit dem Thema zu befassen.  Jede genommene Hürde hat die Motivation gesteigert, den nächsten Schritt zu machen.

4. (Meine) Form(en) für ein Sabbattical

Ich habe 11 Monate lang 70% meines normalen Gehaltes bekommen, und in dieser Zeit auf einem Sabbatical-Konto Geld angespart. Damit kann ich anschließend vier weitere Monate im Sabbatical / Sabbatjahr dieselbe Summe erhalten. Wichtig: die Krankenversicherung läuft in der Zeit ebenfalls weiter.   

Interessant finde ich, daß ein Kölner Portal ausgerechnet für „Studenten, Absolventen und Young Professionals“ eine recht gute Übersicht über mögliche (andere) Formen eines Sabbaticals / Sabbatjahres gibt. Hier zunächst die Zusammenfassung: 

1. Unbezahlter Sonderurlaub – Fazit: Das unbezahlte Sabbatical ist einfacher zu vereinbaren, kommt aber teurer als gedacht.

2. Teilzeitmodell – Fazit: Das Teilzeitmodell ist mit finanziellen Einbußen während der Ansparphase verbunden. Dafür erhält man im Sabbatical finanzielle Mittel und ist darüber hinaus weiter sozial versichert.

3. Ansparmodell – Fazit: Das Ansparmodell ist eine Alternative zum Teilzeitmodell, die in der Regel einen geringeren Verzicht in der Ansparphase erfordert. Vorteil ist auch hier eine bessere Absicherung des Sabbaticals in finanzieller und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht.

5. (Erste) Erfahrungen mit einem Sabbatical 

Mein erster Tag im neuen Leben beginnt mir alten Gewohnheiten. Ich schalte den  Deutschlandfunk DLF ein. Ich  will die Nachrichten hören, es läuft aber noch die „Morgenandacht“. Eine Frau* spricht über Erinnerungslücken, Vergesslichkeit, Momente der  Unaufmerksamkeit. Spricht sie von mir? Ich vergesse – ich meine neuerdings –  auch vieles. Das macht mir – manchmal – Sorgen. 

Dass in meinen ersten wachen Minuten im Sabbatical gleich dieses sehr persönliche Thema angesprochen wird, empfinde ich als Fügung, denkwürdigen Zufall, ein Zeichen vielleicht? Ich bin bereit, die Zeichen der neuen Zeit aufzunehmen. Ich habe das Gefühl, daß gerade etwas Bedeutendes passiert, etwas beginnt. Ich werde in den nächsten vier Monaten frei verfügbare Zeit am Stück haben, mehr als in den letzten Jahrzehnten! 

Meine Gedanken schweifen ab. Was ist eigentlich neu an meinem neuen Leben? Ich komme nicht weit…jetzt kommen erst mal die Neuigkeiten von anderen Leuten und anderen Orten, also „die Nachrichten“. Gorbi ist gestorben! Mit…Jahren. Und anderes hat auch aufgehört: mit dem heutigen Tag, mit dem Beginn meines Sabbaticals, ist der Sprit teurer geworden. Mancherorts um bis zu 50 Cent pro Liter, sagt der Nachrichtensprecher. Aber der Tankrabatt in den letzten drei Monaten, das waren doch nur 30 Cent…?

Keine Zeit zum Nachdenken. Die nächste Nachricht rollt schon an: Das 9€-Ticket gibt es seit heute, 01.09.22 auch nicht mehr. Dabei war es so gut akzeptiert! International sogar! Habe ich selbst erlebt! Mein Besuch aus Frankreich letzte Woche ist mit dem Auto über die Grenze bis Offenburg gefahren.  Dann wollte er vom dortigen Hauptbahnhof mit dem 9€-Ticket nach Berlin! Das machen ganz viele, hat er im französischen Fernsehen gesehen. Wäre auch gegangen. Aber 16 Stunden Fahrt und fünf malumsteigen war ihm dann doch zu viel. Er hat den ICE genommen. 

Zeit haben fürs Gedanken-Schweifen-lassen. Kein schlechter Anfang.  

Der erste Tag endet mit Vorsätzen:

  • Emails nur einmal am Tag, morgens.
  • Tagebuch abends
  • „Die Reise“ detaillierter planen
  • Im Blog über den weiteren Verlauf des Sabbaticals berichten

6. Quellen:

https://www.personio.de/hr-lexikon/sabbatical/

https://www.staufenbiel.de/magazin/arbeitsrecht/sabbatical.html

https://www.linkedin.com/posts/sarahleaziegler_sabbatical-van-fomo-activity-6978985018245160960-mLnP/?trk=public_profile_like_view&originalSubdomain=de

23.12.2022 sro